Die Sprachentwicklung bei Babys und Kindern
Wie Kinder sprechen lernen ist ein ganz besonderer und komplexer Vorgang. Wissenschaftler sind immer noch dabei die Sprachzentren und das Lernvermögen des Menschen zu erkunden. Doch für uns Eltern ist es einfach nur bezaubernd zu hören, wie aus den niedlichen Geräuschen die erste Worte werden.
Dabei durchläuft dein Baby wichtige Meilensteile der Sprachentwicklung, die weltweit in jeder Kultur anzutreffen sind. Auch wenn sich diese Meilensteine grob in Lebensmonaten festhalten lassen, sollte man nicht vergessen, dass jedes Baby und Kind unterschiedlich schnell lernt. Kleine Abweichungen vom Schema sind kein Grund zur Sorge. Welche Zeiträume welchen Entwicklungsstand genau entsprechen, erfährst du in diesem Artikel.
Babys lernen schon im Mutterleib
Schon ab der 24. Schwangerschaftswoche entwickelt sich das Hörvermögen deines Babys. Ab da lauscht es deinem Herzschlag, deinem Atem und deiner Stimme. Tagein, tagaus. Es gewöhnt sich an deine Klangfarbe, das Volumen und hört ob es dir gut oder schlecht geht. Das ist nicht nur wichtig für die Bindung zwischen Mutter und Kind, sondern ebnet den Weg für die weitere Sprachentwicklung in der eigenen Muttersprache.
Voraussetzungen für den Spracherwerb von Babys
Grundsätzlich kommen alle gesunden Babys mit den nötigen Kapazitäten und Fähigkeiten, um Sprechen zu lernen, zur Welt. Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist ein gutes Gehör. Aber auch andere Sinnesorgane spielen dabei eine Rolle für das richtige Verständnis.
Genauso wie seine Umwelt und Umgebung als auch die gebotene Anregung, Wärme und Liebe der Bezugspersonen. Das heißt sowohl körperliche, als auch psychologische Faktoren spielen eine Rolle beim Spracherwerb. Ein Kind muss gesund sein und sich geliebt und akzeptiert fühlen, um sein volles Potenzial nutzen zu können.
Kinder haben genug Eigenmotivation zum Sprechen
Das lässt sich auch darin feststellen, dass Babys schon sehr früh eine eigene Babysprache entwickeln, um zu kommunizieren. Darum verstehen Eltern ihre eigenen Babys schon lange bevor sie die ersten Wörter sprechen. Geräusche, Mimik und Gestik werden bestimmten Bedeutungen zugeordnet. Auch Gebärdensprache oder Babysignale lernt das Baby früher als das akustische Sprechen. Das verdeutlicht die bereits aktiven Sprachzentren, das Sprachverständnis und die Kommunikationsfreude von Babys.
Sprechen Lernen: Die Stufen des Sprechen lernen
Die Phasen der Sprachentwicklung lassen sich ähnlich einteilen wie die Entwicklung der Motorischen Fähigkeiten bei Babys. Trotzdem hat jedes Kind sein eigenes Tempo und die Altersangaben sind nur grobe Richtwerte.
- Der Spracherwerb beginnt bereits vor der Geburt. Nachdem das Baby im Mutterleib erstmal nur zugehört hat, ist der erste Laut den es von sich geben wird das Schreien. Darauf folgen in den ersten Wochen bereits glucksen und gurren.
- Ab dem 3. Monat beginnt es aktiv sich an neuen Geräuschen und Silben auszuprobieren. Schmatzen, Zischen und Lallen in verschiedenen Tonlagen lässt deutlich sehen, dass es seine Umwelt wahrnimmt, versteht und versucht zu interagieren. Das Lallen wird zum Brabbeln, mit eigener Betonung. Es versteht die Bedeutung seines eignen Namen, Mama und Papa.
- Mit einem Jahr etwa, entstehen so Babys erste Wörter. Sie stehen auch gleichzeitig für ganze Sätze. Jetzt lernt dein Baby neue Wörter in einem rasenden Tempo. Aus Einwortsätzen werden schnell Zwei- und Dreiwortsätze.
- Ab dem dritten Lebensjahr kennt der Redefluss kein halten mehr. Fragen, Sachverhalte und Vorhaben werden sicher und grammatikalisch korrekt ausgedrückt. Der nächste große, und letzte Schritt ist das Lesen und Schreiben lernen. Die Verbindung von Lauten mit entsprechenden Schriftzeichen.
Symbolisch: Der Sprachbaum nach Wendlandt
Der Sprachbaum nach Wendlandt ist eine symbolische Darstellung des Spracherwerbs bei Babys und Kindern. Er umfasst alle Umgebungseinflüsse sowie biologische und soziologische Einflüsse, welche die Sprachentwicklung deines Babys beinhaltet. Die Form des Baums verdeutlicht sehr anschaulich, welche Fähigkeiten wann und zu welchen Bedingungen erreicht werden können.
So stellen die Wurzeln des Baumes alle wichtigen Voraussetzungen dar, die ein Baby mit auf die Welt bringt. Dazu gehören seine Muttersprache und Kultur, Lautieren, Sinnesorgane und gehirnliche Kapazitäten. Der Stamm entspricht der Sprachfreude und dem Sprachverständnis, die einem starken Halt für die kommende Baumkrone darstellen müssen. Wie jeder Baum braucht auch dieser Wasser in Form von Sprachanregung, um zu wachsen.
In der Krone entfaltet sich letztendlich der Sprachwortschatz des Kindes. Die richtige Grammatik wird automatisch integriert. Alle Laute werden eingeübt und korrekt ausgesprochen. Die Spitze der Krone ist die Lese- und Schreibfähigkeit. Doch nicht zu vergessen für ein gesundes Wachstum ist die Sonne. Sie steht sie für die elterliche Liebe, Zuneigung und Akzeptanz. Nur so kann ein gesundes Wachstum gelingen.
Sprachentwicklung: Tabelle für Baby und Kind
Entwicklungsschritte | Aktive Sprache | Sprachverständnis |
0 – 3 Monate | Schreien, weinen, glucksen, gurren | |
3 – 6 Monate | Beginn der Lallphase, Geräusche und Vokale | Reaktion auf Geräusche |
6 – 8 Monate | Brabbeln in Doppelsilben | Eigener Name |
8 – 12 Monate | Lautkombinationen bekommen Bedeutungen | Einzelwörter, Verbote, Aufgaben werden erkannt |
12 – 18 Monate | Einwortäußerungen, Protowörter | Etwa 50 Wörter |
18 – 24 Monate | Zwei- bis Dreiwortsätze | Etwa 200 Wörter |
24 – 36 Monate | Komplizierte Laute, kurze Sätze, Warum-Fragen | Farben, Handlungen und Bilder werden erkannt |
Bis 5 Jahre | Alle Konsonanten, zählen und grammatikalische Regeln | Etwa 2000 Wörter |
Ab 6 Jahren | Sch-Laut und alle grammatikalischen Regeln | Ausgereift |
Das Sprachliche Vorbild für Babys und Kinder
Auch wenn ein Baby alle nötigen Voraussetzungen zum Sprechen bereist mit auf die Welt bringt, liegt der Erfolg des Spracherwerbs in den Händen der Bezugspersonen und seiner Umgebung. Babys kommen sprachlich international zur Welt. Welche Sprache und wie gut sie diese lernen, hängt davon ob was und wie viel im Umfeld gesprochen wird.
Kindern lernen von Vorbildern. Sie haben eine natürliche Freude am Sprechen und möchten kommunizieren. Darum ist es wichtig, dass Sprache allgegenwärtig ist. Die Eltern sollten viel und gerne über die Welt, Gedanken und Gefühle sprechen. Alles benennen und kommentieren und dabei das Kind aktiv mit einbeziehen, es anregen zum nachahmen und teilnehmen.
Wie kann ich mein Kind beim Sprechen fördern
Ein geduldiger, liebevoller Umgang bietet die besten Vorrausetzungen. Höre deinem Kind ruhig zu und lass es immer aussprechen, auch wenn es mal länger dauert. Korrigiere es nicht, sondern wiederhole authentisch und natürlich das Gesagte in der richtigen Form. So entgeht ihr Frustrationen auf beiden Seiten. Fehler gehören zum lernen dazu und sollten nicht kritisiert werden.
Du kannst schon früh damit beginnen deinem Baby aus Kinderbüchern vorzulesen. Anschauliche Babybücher mit vielen Farben und Formen regen auch weitere Sinne an, um zu entdecken und lernen. Zu Beginn reichen kurze Geschichten oder das Beschreiben von Bildern. Zusätzliche Gesten unterstreichen das Gelesene. Auch Singen und Reimen bereiten Freude und laden zum Mitmachen ein.
Du kannst alles kommentieren und erklären, was ihr den ganzen Tag macht. Die meisten Eltern machen das ganz intuitiv. Sie spreche langsam und deutlich, in einfachen Worten. Die Tonlage ist dabei etwas höher und es werden am Ende bereits Pausen eingebaut, als würde man auf eine Antwort warten. Das ist genau richtig!
Eine Baby- oder Robotersprache ist nicht förderlich. Langsam und deutlich sprechen schon.
Die Kombination von Sprache mit Gesten
Gesten sind ein tolles Hilfsmittel im Alltag, um Handlungen mit Sprache zu verknüpfen. Babys fällt es viel leichter, sich mit Hilfe von Gesten auszudrücken. Denn das klappt schon lange bevor die ersten Wörter kommen. Arme und Hände austrecken, um auf den Arm genommen zu werden. Die Finger zum Mund führen, um Hunger anzuzeigen. Viele dieser Gesten entstehen ganz von alleine.
Gestikulieren begleitet auch uns Erwachsene ganz automatisch beim Sprechen. Versuche doch einmal ganz aktiv darauf zu achten, deine Sätze mit den Händen zu verdeutlichen. Du wirst sehen, dass dein Baby dich nicht nur besser versteht, sondern es auch bald nachahmen wird. Eine große Freude für die kleinen, denn sie wollen vor allem verstanden werden.
Was kann die Sprachentwicklung beeinträchtigen?
Es gibt ein paar Faktoren, die die Sprachentwicklung bei Babys und Kindern verlangsamen können. Dazu gehören meistens körperliche Beeinträchtigungen, wie schlechtes Hörvermögen durch Polypen, frühere Hirnhautentzündungen oder Probleme mit Mund und Lippen. Sollten bei der U7 hier Auffälligkeiten auftreten, wird euch der Kinderarzt an einen HNO Arzt weiterleiten.
Sprachstörungen können auch bei allgemeinen Entwicklungsstörungen, oder einem Rückstand auftreten. Das kann entweder mit Fehlbildungen oder schweren Traumata einhergehen. Darum ist es besonders wichtig, liebevoll und mit viel Geduld an das Thema heran zu gehen. Falls du die Vermutung hast, dass dein Kind etwas zurückliegt oder Schwierigkeiten hat, sprich deinen Kinderarzt darauf an.
Die meisten Sprachstörungen sind Verzögerungen. Das heißt, du musst dir keine großen Sorgen machen. Jedes Kind ist in seiner Sprachentwicklung ganz individuell und durchläuft manche Phasen früher oder eben später.
Mögliche Sprachstörungen bei Kindern
Die häufigsten möglichen Sprachstörungen bei Kindern sind das Stottern, Poltern und Stammeln. Die Ursachen für diese Störungen sind sehr komplex und gehen oft mit Hypernervosität und fehlender Konzentrationsfähigkeit einher.
Stammeln und Lispeln sind allerdings Erscheinungen im Kleinkindalter, die nach dem 4.-6. Lebensjahr von alleine wieder abnehmen und verschwinden. Es ist immer ratsam, die Kinder nicht unter Druck zu setzen oder sich übermäßig Sorgen zu machen.
Gerade das Sprachverhalten spiegelt schnell den emotionalen Zustand wieder. So kann zum Beispiel die Ankunft eines neuen Geschwisterchens oder der Eintritt in eine Krabbelgruppe Auswirkungen darauf haben. Sollten vermehrt Sprachfehler auftreten, kannst du zusammen mit deinem Kinderarzt besprechen, ob ein Besuch bei einem Logopäden sinnvoll ist.
Fazit
Die meisten Kinder entwickeln sich ganz wunderbar und ohne Probleme. Jedes zu seiner eigenen Zeit. Besonders das Sprechen lernen ist so komplex, dass es viel Übung, Fehler und Zeit bedarf. Dabei durchläuft dein Baby schon von Geburt an notwendige Phasen des Spracherwerbs.
Besonders wichtig für eine gesunde Entwicklung sind gute Sprachvorbilder. Also Mama und Papa, die viel und mit Freude mit ihrem Baby sprechen. Die Kommunikation sollte immer auf Augenhöhe, mit viel Geduld und Liebe angegangen werden. So gibst du deinem Baby einen vertrauensvollen Raum, um sich ganz in seinem eigenem Tempo zu entwickeln. Denn für die Sprachentwicklung bedarf es vor allem der Freude und Motivation zum Sprechen.
Das Sprachverständnis geht dabei dem eigentlichen Sprechen immer voraus. Unsere Kinder verstehen viel mehr, als sie uns zeigen können.
Erst ab dem 6. Lebensjahr vollendet sich der Spracherwerb, wenn das Kind Lesen und Schreiben lernt. Bis dahin sind undeutliches Sprechen und Fehler völlig normal und bedürfen in den meisten Fällen keiner Behandlung. Sollte es trotzdem zu Auffälligkeiten kommen, wird der Kinderarzt diese bei den U-Untersuchungen feststellen. Die meisten Verzögerungen wachsen von selbst heraus oder lassen sich mithilfe von logopädischen Übungen schnell beheben.
Weiterführende Literatur: Quellen und interessante Links
[1] https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/sprachentwicklung/ [2] https://www.knetfeder.de/kkpwp/sprache/ [3] https://www.birgit-lange.de/themen/auswahl/sprachentwicklung.html [4] https://www.apotheken.de/krankheiten/4261-sprechstoerungen-und-sprachstoerungen
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