Warum ist die Kindersitzpflicht sinnvoll?
Für Kinder im Auto ist ein optimaler Gurtverlauf wesentlich. Durch die Kindersitzregelung wird ein solcher gewährleistet. So muss der Schultergurt über die Schultermitte verlaufen, der Beckengurt befindet sich so tief wie möglich über der Leistenbeuge. Und egal ob Kindersitz oder Sitzerhöhung, der Gurt muss straff gespannt sein. So reduziert sich das Risiko einer sogenannten Gurtlose bei Unfällen.
Babys und Kinder sind im Kopf- und Wirbelsäulenbereich verletzungsanfälliger als Erwachsene. Vor allem bei einem Seitencrash kann das verheerende Folgen haben. Sitze mit geeigneter Rücken- sowie Kopfstütze minimieren das Verletzungsrisiko deutlich. Vor diesem Hintergrund machen Kindersitz Vorschriften also absolut Sinn.
Kindersitzpflicht in Deutschland
Die Kindersitzpflicht in Deutschland ist durch die Straßenverkehrsordnung (StVO) § 21, Absatz 1a klar geregelt. Demnach dürften Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die unter 150 cm groß sind, in Kraftfahrzeugen, für die Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind, nur mitgenommen werden, wenn Rückhalteeinrichtungen für Kinder benutzt werden, die den Anforderungen genügen und für das Kind geeignet sind. Die Gesetzeslage ist klar.
Es ist Vorschrift, für Kinder unter 12 Jahren beziehungsweise unter einer Körpergröße von 150 Zentimetern einen Kindersitz zu benutzen. Um den Anforderungen zu genügen, muss ein Sitz verwendet werden, der nach den aktuell geltenden Prüfnormen zugelassen ist.
Die Kindersitzpflicht beschränkt sich aber natürlich nicht nur auf Deutschland. Auch andernorts gibt es Vorschriften für Kindersitze. Entsprechende Informationen zur Kindersitzpflicht in anderen Ländern sollten vor einem Urlaub oder Umzug gut recherchiert werden. So sind zwar in Europa derartige Bestimmungen mehr oder weniger recht einheitlich geregelt (geringe Abweichungen ergeben sich bei der Kindersitzpflicht in Bezug auf Alter oder Größe), im außereuropäischen Ausland können Regelungen aber deutlich variieren.
Bis wann muss man einen Kindersitz nutzen?
Eltern fragen sich häufig, wie lange der Kindersitz im Auto Pflicht ist. Die gesetzliche Regelung verweist deutlich auf eine Kindersitzpflicht, abhängig von Größe und Alter. Ist dein Kind unter 12 Jahre alt beziehungsweise misst es unter 150 Zentimeter, bist du verpflichtet, es im Sitz zu transportieren.
Ist dein Kind größer als 150 Zentimeter, aber unter 12 Jahre, entfällt die Kindersitzpflicht. Dasselbe gilt für Kinder, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, aber noch keine 150 Zentimeter groß sind. In beiden Fällen macht es allerdings durchaus Sinn, Kindersitz Bestimmungen – wenn auch auf freiwilliger Basis – weiterhin einzuhalten.
Bei kleinen und zarten Kindern kann es etwa leicht vorkommen, dass die Gurtführung des Fahrzeuges nicht optimal ist. Darüber hinaus muss stets bedacht werden, dass sich die Körperproportionen eines Kindes von jenen eines Erwachsenen unterscheiden. Nicht zuletzt gewährleistet ein guter Sitz mit Rücken- und Kopfstütze die Sicherheit des empfindlichen Kopf-Wirbelsäulen-Bereichs – auch über Alters- und Größenbegrenzungen hinaus.
Um dein Kind sicher im Auto zu transportieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Diese hängen vorrangig von Gewicht beziehungsweise Größe des Kindes ab, je nach Prüfnorm. Das Alter selbst kann nur marginal als Kriterium herangezogen werden. Die körperliche Entwicklung von Kindern schreitet nämlich durchaus sehr verschieden voran.
Je nach verwendeter Norm, erfolgt die Unterteilung verschiedener Sitze unterschiedlich. Entweder werden sie in verschiedene Gruppen eingeteilt (nach UN ECE Reg. 44/3 beziehungsweise 44/04) oder aber in i-Size Phase 1, 2 oder 3 (nach UN ECE Reg. 129).
Grundsätzlich unterscheidet man, entsprechend Größe sowie Gewicht des Kindes, zwischen:
- Babyschale (wird rückwärts oder quer angebracht),
- Reboarder (rückwärtsgerichtet) oder
- vorwärtsgerichtetem Kindersitz und
- vorwärtsgerichteter Sitzerhöhung (mit oder ohne Rückenstütze).
Prinzipiell ist ab einem Gewicht von 15 Kilogramm (UN ECE Reg. 44/03 oder 44/04) beziehungsweise ab einer Körpergröße über 125 Zentimeter sowie einem Gewicht von mindestens 22 Kilogramm (UN ECE Reg. 129) auch eine einfache Sitzerhöhung dem Gesetz nach erlaubt. Dabei solltest du aber bedenken, dass eine solche dein Kleines nicht optimal sichert. Kopf und Wirbelsäule sind hier nämlich nicht geschützt. Bei einem Unfall besteht zudem die Gefahr, dass das Kind unter dem Gurt durchtaucht. Wenngleich die Kindersitzpflicht also durch eine einfache Sitzerhöhung erfüllt sein mag, empfohlen werden trotzdem Modelle mit Rückenstütze.
Kindersitz Regelungen und Normen
Aktuell sind in Deutschland drei verschiedene Kindersitznormen zugelassen, was durchaus für Verwirrung sorgen kann. So ist einerseits die neueste Zulassungs-Norm UN ECE Reg. 129 gültig. Aber auch die älteren Normen UN ECE Reg. 44/03 sowie UN ECE R. 44/04 sind noch zulässig.
Das bedeutet, dass die Sitze entsprechend der geltenden europäischen Vorgaben (technische Vorgaben, Sicherheitskriterien) geprüft sind. Sie erhalten dann das orange ECE-Prüfsiegel.
Die veralteten Normen UN ECE Re. 44/01 und 44/02 sind nicht mehr zulässig.
UN ECE Reg. 44/03 und UN ECE Reg. 44/04
Sitze nach UN ECE Reg. 44/03 sowie UN ECE Reg. 44/04 unterscheiden sich anhand der geltenden Vorschriften grundsätzlich nicht. Sitze nach ECE 44/03 durften jedoch nur zwischen 1995 und 2009 verkauft werden. Sie sind zwar noch zugelassen, werden aber nicht mehr produziert. Du solltest also mögliche Materialermüdung bedenken. Sitze nach ECE 44/04 sind nach wie vor im Handel erhältlich.
Zulassung und Einteilung der Sitze nach ECE 44/03 sowie ECE 44/04 erfolgt nach dem Gewicht des Kindes. Je nach Gewichtsklasse werden verschiedene Kindersitz-Gruppen unterschieden. Das Vorwärtsfahren im Sitz ist nach ECE 44/03 und ECE 44/04 ab einem Gewicht von neun Kilogramm möglich.
UN ECE Reg. 129
Seit 2013 ist auch die in drei Phasen eingeführte UN ECE Reg. 129 Norm gültig. Die drei Phasen waren:
- Seit 2013: Isofix Sitze mit sitzeigenem Gurt (Klassen 0, 0+ und I)
- Seit 2017: Nicht-integrale Kindersitze (Klasse II und III)
- Seit 2019: Alle anderen Sitze
Diese neue Zulassungsnorm ist mit einigen Änderungen verbunden. So werden die Sitze hier nicht mehr nach dem Gewicht des Kindes kategorisiert, sondern nach dessen Größe.
Dass der Kindersitz bis Ende des 15. Lebensmonats rückwärts eingebaut werden muss, ist nun Pflicht. (Zuvor war für ein Baby das Rückwärtsfahren nur bis zu einem Gewicht von 9 Kilogramm Pflicht) Eine Sitzerhöhung ohne Rückenlehne darf zudem erst ab 125 Zentimeter Körpergröße verwendet werden.
Außerdem muss der Kindersitz zur Zulassung nun erstmalig einen Seitenaufpralltest bestehen.
I-Size-Norm
Im Zusammenhang mit der neuen Zulassungsnorm stößt du vielleicht auf die Begriffe i-Size-Norm oder i-Size-Gesetz. Gemeint ist damit die seit 2013 gültige erste Phase für integrale Isofix-Kindersitze. Sie bezieht sich auf Sitze, die du von Geburt an bis zu einer Körpergröße von 105 Zentimetern nutzen kannst. Befestigt werden diese mit dem ISOFIX-System. Dieses befindet sich entweder direkt am Kindersitz oder aber du installierst eine Basisstation mit ISOFIX am Fahrzeugsitz.
Ein einfaches Nachrüsten von ISOFIX ist übrigens bei vielen Autos möglich.
Die verschiedenen Kindersitzgruppen: Regelungen
Nach UN ECE Reg. 44/03 beziehungsweise 44/04 erfolgt die Unterteilung der jeweiligen Sitze nach Gewichtsklassen. Die Gewichtsklasse selbst ist dabei bindend. Zusätzlich ist als Richtwert eine ungefähre Altersangabe ergänzt.
Einteilung | Gewicht | Alter | Sitzart |
Klasse 0 | bis 10 kg | bis ca. 1 Jahr | Babyschale |
Klasse 0+ | bis 13 kg | bis ca. 1,5 Jahre | Babyschale |
Klasse 1 | 9-18 kg | 1,5-4 Jahre | Kindersitz, Reboarder |
Klasse 2 | 15-25 kg | bis 4 Jahre | Sitzerhöhung mit/ohne Rückenstütze, Reboarder |
Klasse 3 | 22-36 kg | 7-12 Jahre | Sitzerhöhung mit/ohne Rückenstütze |
Bei dieser Kindersitz Regelung gilt grundsätzlich Größe vor Gewicht. Hat dein Kind also ein Gewicht von 36 Kilogramm bereits überschritten, ist aber noch unter 150 Zentimeter groß, ist ein Sitz der Klasse 3 geeignet. Mit den Kindersitz Regeln nach UN ECE Reg. 129 ist dies hinfällig, da veraltet.
Sind Kinder auf dem Beifahrersitz erlaubt?
Ab wann dürfen Kinder im Auto vorne sitzen, das interessiert Eltern wie Kinder. Hier muss vorausgeschickt werden, dass das Transportieren von Kindern am Rücksitz statistisch gesehen am sichersten ist. Grundsätzlich aber ist der Kindersitz vorne erlaubt, allerdings müssen dabei gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.
So muss bei rückwärts gerichteten Sitzen der Frontairbag abgeschaltet sein. Das ist bei einer Babyschale oder einem Reboarder Pflicht. Im Falle eines Unfalls drohen deinem Kleinen sonst schwere Verletzungen. Ist es nicht möglich, den Airbag zu deaktivieren, muss der Sitz auf der Rückbank befestigt werden.
Bei einem vorwärts gerichteten Kindersitz ist es notwendig, dass du den Beifahrersitz ausreichend weit nach hinten schiebst. Es muss entsprechend Spielraum zum Frontairbag vorhanden sein. Die Füße deines Kleinen dürfen nicht am Armaturenbrett anstoßen. ISOFIX-Haltepunkte am Beifahrersitz sind grundsätzlich empfehlenswert.
Kindersitzpflicht im Taxi, Bus, Wohnmobil oder Fahrradanhänger
Die allgemeingültige Kindersitzpflicht für Kraftfahrzeuge ist selbstverständlich auch auf Taxis oder Wohnmobile bezogen. Generell gilt: Sofern Sicherheitsgurte vorhanden sind, muss ein Kind unter 12 Jahren beziehungsweise unter 150 Zentimeter Größe mit einer entsprechenden Vorrichtung transportiert werden.
Im Wohnmobil musst du dein Kleines also auf einem vorwärtsgerichteten Sitz, der mit Gurten ausgestattet ist, sichern. Taxis müssen grundsätzlich nicht zur jeder Zeit passende Sitze für alle Altersgruppen mitführen. Sinnvoll ist es also, den Bedarf beim Bestellen des Taxis zu kommunizieren. Leider wird hier häufig eine extra Gebühr fällig, weil ein passender Sitz meist erst aus der Zentrale geholt werden muss.
Für Busse gilt: Sind Dreipunktgurte verbaut, ist es nicht zulässig, ein Kinder ohne Kindersitz zu transportieren. So sind bei Reisebussen bis 1,5 t (in der Regel sind das bis zu neun Sitzplätze) seit 2001 Dreipunktgurte vorhanden. Verfügt das Fahrzeug allerdings über keine Gurte (zum Beispiel Linienbus), besteht auch keine Kindersitz Pflicht, unabhängig von Alter und Größe des Kindes.
Auch beim Fahrradanhänger gibt es gesetzliche Regelungen. So dürfen grundsätzlich zwei Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr transportiert werden. Allerdings nur in geeigneten Sitzen mit entsprechenden Rückhaltesystemen.
Kindersitzpflicht: Strafen bei Verstoß
Wird ein Kind ohne Kindersitz transportiert, kann das teuer werden. Schließlich besteht Kindersitzpflicht im Auto. Bei Mitnahme eines Kindes ohne Sitz oder Sicherheitsgurt, wird ein Bußgeld in der Höhe von 60 Euro fällig. Werden mehrere Kinder gänzlich ungesichert transportiert, erhöht sich das Bußgeld auf 70 Euro und es wird ein Punkt in Flensburg fällig.
Müsste ein Kindersitz nach dem Gesetz genutzt werden, ist das Kind aber nur mit dem Sicherheitsgurt gesichert, wird ein Bußgeld in Höhe von 30 Euro fällig. Bei mehreren Kindern erhöht sich dieses auf 35 Euro.
Bei Vernachlässigung der Kindersitzpflicht droht aber nicht nur Strafe finanzieller Natur. Führt eine unzureichende Sicherung des Kindes zu Verletzungen oder gar zu dessen Tod, wird ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung beziehungsweise fahrlässiger Tötung eingeleitet.
Ab wann darf man ohne Kindersitz fahren?
Bis wann ein Kindersitz Pflicht ist, ist gesetzlich klar geregelt. Grundsätzlich muss dein Kind ab einem Alter von zwölf Jahren beziehungsweise einer Körpergröße von 150 Zentimetern nur mehr mit dem gewöhnlichen Gurtsystem gesichert sein. Jedoch solltest du solche Entscheidungen nicht unbedingt allein von gesetzlichen Vorgaben abhängig machen. Gerade für schmal gebaute und kleinere Kinder macht ein geeigneter Sitz durchaus auch länger Sinn.
Fazit
Bei Fahrten in Kraftfahrzeugen mit Gurtsystem ist das Transportieren deines Kleinen im geeigneten Sitz nicht nur ratsam, es ist zudem gesetzlich vorgeschrieben. Aktuell sind drei verschiedene Kindersitznormen gültig, die auf kurzen wie langen Autofahrten für Sicherheit sorgen. Wenngleich dein Kind ab 12 Jahren beziehungsweise einer Körpergröße von 150 Zentimetern auf seinen Autokindersitz verzichten darf – in einigen Fällen macht es dennoch Sinn, ihn ein wenig länger zu nutzen.
Weiterführende Literatur: Quellen und interessante Links
[1] https://www.adac.de/verkehr/verkehrssicherheit/kindersicherheit/kindersitzberater/kindersitz-beifahrersitz/ [2] https://www.adac.de/verkehr/verkehrssicherheit/kindersicherheit/kindersitzberater/kindersitzpflicht/ [3] https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__21.html [4] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190325_OTS0045/oeamtc-geaenderte-regeln-zur-kindersicherung-im-auto-und-was-im-europaeischen-ausland-gilt