Tabuthema Schwangerschaftsabbruch
Die Thematik eines Schwangerschaftsabbruchs ist von Natur aus eine schwierige Angelegenheit. Es ist die vorzeitige Beendigung einer Schwangerschaft — und damit ein Eingriff in die Entwicklung des Lebens.
Immer wieder führt das Thema zu kontroversen Diskussionen, die auch öffentlich ausgetragen werden. Genauso laut wie die Gegner der sogenannten Abtreibung erheben sich auch die Stimmen der Betroffenen, die die Selbstbestimmung der Frau als oberstes Gebot ansehen. Zweifelsfrei gibt es für beide Seiten plausible Argumente. Die Entscheidung, welcher Argumentation eine Schwangere im individuellen Fall folgen möchte, kann jedoch nur sie allein treffen.
Wenn du dich gedanklich mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch auseinandersetzen willst, bist wahrscheinlich du oder jemand in deinem Bekanntenkreis von einer ungewollten Schwangerschaft betroffen. Das ist eine schwierige Situation, der niemand leichtfertig begegnet. Wird ein Kind ungewollt geboren, ergeben sich oft schwierige Lebensbedingungen für beide Seiten. Ein Abbruch der Schwangerschaft ist wiederum eine komplizierte Sache mit Nebenwirkungen, die unter Umständen erst später zum Tragen kommen.
Für ungewollt schwangere Frauen ist es nur EINE Möglichkeit, der unliebsamen Situation wieder zu entfliehen. Alternativen, wie die Freigabe des Kindes zur Adoption nach der Geburt oder die Unterbringung in einer Pflegefamilie, sind eine Überlegung wert. Auch kann die Geburt anonym erfolgen, sodass die biologische Mutter mit dem ungewollten Kind nicht in Kontakt treten muss, sobald es auf der Welt ist. Dennoch ist sie selbst bestens medizinisch versorgt. Dieser Weg ist oft weniger problematisch als ein Abbruch der Schwangerschaft, der in Deutschland und den meisten Ländern der Welt nur unter strikten Bedingungen möglich ist. Um im Einzelfall zu einer Entscheidung zu kommen, ist vor allem eines wichtig: ausführliche Information.
Nachfolgend erfährst du, welche Bedingungen in Deutschland an einen Schwangerschaftsabbruch geknüpft sind, welche Vorgehensweisen es gibt und wie sich die Rahmenbedingungen gestalten.
Schwangerschaftsabbruch in Deutschland (§ 218 StGB)
Welche Ausnahmen gibt es? (§ 218a StGB)
- Beratungsregelung
Es gibt besondere Voraussetzungen, unter denen ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland straffrei bleibt. Diese Bedingungen sind in Paragraf 218a Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Der Eingriff muss demnach von einem Arzt vorgenommen werden, dem die Schwangere nachweist, dass sie sich einer eingehenden Beratung unterzogen hat. Außerdem muss der Abbruch noch innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen vorgenommen werden. Die Gründe der Schwangeren spielen in Deutschland keine Rolle.
- Medizinische Indikation
Ist durch die Schwangerschaft das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Frau gefährdet, gilt der Eingriff als medizinisch indiziert. Er kann dann auch noch zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden — in der Regel bis zur 24. SSW. Besonders problematisch hierbei ist, dass die Schwangerschaft in den meisten Fällen gewollt war.
- Kriminologische Indikation
Wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung zustande kam, so ist eine Abtreibung straffrei.
Beratungsstellen
Bevor ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden darf, muss die Betroffene eine sogenannte Schwangerschaftskonfliktberatung durch einen Beratungsschein nachweisen. Schwangerschaftskonfliktberatungen werden in staatlich anerkannten Beratungsstellen durchgeführt oder von einem Arzt, der diese Anerkennung besitzt. Es darf sich dabei allerdings nicht um den Arzt handeln, der letztendlich den Abbruch vornehmen wird. Eine solche Beratung kann auf Wunsch auch anonym erfolgen.
Schwangere, die sich mit dem Gedanken an einen Schwangerschaftsabbruch beschäftigen, haben online die Möglichkeit, nach Beratungsstellen in der Nähe zu suchen. Auch der Gynökologe kann sicher an entsprechende Stellen verweisen. Beratungsstellen mit kirchlichem Hintergrund führen zwar die Gespräche durch, stellen jedoch keinen Beratungsschein aus, da der Abbruch einer Schwangerschaft nicht mit ihrem Selbstverständnis vereinbar ist.
Allerdings ist jede Form der Beratung sinnvoll. Nicht selten entscheiden sich Frauen nach einer Beratung dafür, keinen Abbruch durchzuführen, sondern auf andere Optionen zu setzen. Die Berater sind dazu angehalten, ergebnisoffene Gespräche zu führen. Im Klartext bedeutet das: Die Schwangere sollte sich nicht zu einer bestimmten Entscheidung gedrängt fühlen. Die Berater bieten ausführliche Informationen und Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung. Letztere liegt jedoch ganz bei der Schwangeren.
Was passiert bei einer Abtreibung?
Ein Schwangerschaftsabbruch kann auf verschiedene Weise herbeigeführt werden. Die angewendete Methode wird vom Arzt festgelegt. Die Schwangere hat darauf keinen Einfluss. Maßgeblich für die Entscheidung ist der Fortschritt der aktuellen Schwangerschaft und ob es bereits vorherige Schwangerschaften gab. Soll die erste Schwangerschaft mit einem Schwangerschaftsabbruch beendet werden und ist diese noch nicht weit fortgeschritten, wird in vielen Fällen ein medikamentöser Abbruch herbeigeführt. Gleiches gilt für Spätabtreibungen nach der 12. SSW. Ein chirurgischer Eingriff kommt oftmals bei Frauen zum Einsatz, die bereits geboren haben. Auch bei dieser Methode entscheidet der Arzt, welche Art des Eingriffs er vornehmen wird. Alle Methoden stellen eine Belastung für die Frau dar, die sich jedoch ganz verschieden gestaltet.
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch
Bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch werden Medikamente verabreicht, die dafür sorgen, dass die Wehentätigkeit eingeleitet wird. In der Folge kontrahiert die Gebärmutter. Der Embryo löst sich so von der Wand der Gebärmutter und wird mit einer Blutung ausgestoßen. Da er winzig klein ist, bekommen die Frauen davon in der Regel nichts mit. Sie spüren die Blutung und den Wehenschmerz, der jedoch durch Medikamente gelindert werden kann.
Die medikamentöse Abtreibung wird vorwiegend bei Frauen durchgeführt, die noch nicht geboren haben. Grund dafür ist, dass bei einem chirurgischen Eingriff Scheide und Muttermund geweitet werden müssen. Vor der ersten natürlichen Geburt empfinden manche Ärzte einen solchen Eingriff als problematisch, weil er Komplikationen mit sich bringen kann, die im schlimmsten Falle eine weitere Schwangerschaft verhindern.
Ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch ist ein Eingriff in den Hormonhaushalt des Körpers. Er belastet die Psyche unter Umständen mehr als ein chirurgischer Eingriff. Von der Einnahme des Medikaments bis zum Ausstoßen der Frucht können viele Tage vergehen. Diese sind für die Frau ausgesprochen belastend.
Eine indizierte Spätabtreibung nach der 12. SSW kann nur durch einen medikamentösen Eingriff herbeigeführt werden. Das Kind ist für einen chirurgischen Eingriff zu groß. Spätabtreibungen sollten immer unter Zuhilfenahme einer psychologischen Betreuung durchgeführt werden, da die Frau ein Kind im Rahmen einer natürlichen Geburt zur Welt bringen wird. Gerade, wenn die Schwangerschaft eigentlich gewollt war, sollten die Mutter und auch der Vater entsprechende Betreuungsangebote bekommen.
Nach einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch wird einige Tage Schonung empfohlen. Schmerzen im Unterbauch und eine starke Regel können auftreten. Ist diese versiegt, ist eine Nachuntersuchung beim Frauenarzt notwendig.
Schwangerschaftsabbruch durch einen chirurgischen Eingriff
Bei Frauen, die keinen Kinderwunsch mehr haben oder die schon Kinder geboren haben, wird ein Schwangerschaftsabbruch häufig durch einen chirurgischen Eingriff herbeigeführt. Dabei werden zwei Methoden angewandt: die Ausschabung der Frucht oder das Absaugen. Beide Eingriffe erfolgen in Vollnarkose oder unter örtlicher Betäubung.
Bei der Ausschabung werden Scheide und Muttermund geweitet, sodass eine stumpfe, aber sehr scharfe Kürette eingeführt werden kann, die die Gebärmutterhöhle ausschabt. Diese Methode hat eine höhere Komplikationsrate und wird deshalb nicht mehr empfohlen. Das Absaugen erfolgt ebenfalls vom Muttermund aus. Es wird ein dünnes Röhrchen durch die Scheide in die Gebärmutterhöhle eingeführt. Der Embryo und die Gebärmutterschleimhaut werden anschließend durch einen Unterdruck abgesaugt.
Es kann nach dem Eingriff zu einer Blutung kommen, die jedoch schwächer ist als die reguläre Monatsblutung. Je nach Betäubung ruht sich die Schwangere noch eine Weile in der Klinik oder der ambulanten Einrichtung aus, die den Eingriff durchgeführt hat. Anschließend kann sie nach Hause gehen. Nach einer Vollnarkose empfiehlt es sich, für eine Begleitung zu sorgen.
Die Nachsorge bei einem Schwangerschaftsabbruch
Die Nachsorge ist abhängig von der Art des Eingriffs. Nach einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch wird ein Arzt mit einem Ultraschallgerät untersuchen, ob die Frucht vollständig ausgetrieben wurde. Es kann hier notwendig sein, Gewebereste durch eine erneute Gabe des Medikaments oder einen chirurgischen Eingriff vollständig zu entfernen.
Nach einer Absaugung prüft der Arzt sofort, ob Schleimhaut und Embryo vollständig entfernt wurden. Ist die Blutung nach zwei bis drei Wochen versiegt, ist eine Nachuntersuchung beim Gynäkologen zu empfehlen.
Sehr wichtig ist die seelische Unterstützung nach jedem Eingriff. Familienangehörige, Ärzte oder gegebenenfalls ein Psychologe sollten der Betroffenen zur Seite stehen. Nicht selten verspüren Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch Schuldgefühle oder haben Ängste. Dann kann professionelle Hilfe die seelische Belastung abfedern und der Frau helfen, wieder zu ihrem normalen Leben zurückzufinden.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Bestätigt ein unabhängiger Arzt eine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch, werden die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Es muss vorher ein entsprechender Antrag auf Kostenübernahme gestellt werden. Private Krankenversicherungen entscheiden meist im Einzelfall. Wenn medizinische oder kriminologische Indikationen vorliegen, zahlen die Krankenkassen die gesamten Kosten.
Medizinische Gründe sind unter anderem eine gesundheitliche Gefährdung der Mutter bei Fortsetzung der Schwangerschaft oder eine schwere Missbildung des Babys, der die Mutter seelisch nicht gewachsen ist. Hierbei kommen auch die Ausnahmeregelungen der Gesetzestexte zur Geltung, die Schwangerschaftsabbrüche nach der 12. SSW betreffen. Ein kriminologischer Grund für einen Schwangerschaftsabbruch ist eine Vergewaltigung, die zu einer Schwangerschaft geführt hat.
Wenn keine solche Indikation für den Eingriff vorliegt, muss ein Teil der Kosten selbst getragen werden. Die Krankenkasse übernimmt die Gebühr für die ärztliche Beratung sowie alle ärztlichen Leistungen, die notwendig sind, um die Gesundheit vor, während und nach dem Eingriff zu erhalten. Wenn Komplikationen auftreten, sind diese eingeschlossen. Die Leistungen für den eigentlichen Eingriff müssen jedoch von der Schwangeren selbst gezahlt werden. Diese belaufen sich auf 200 € bis etwa 750 €.
Falls die Schwangere finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten zu tragen, ist eine Kostenübernahme durch den Staat möglich. Dafür werden Verdienst und Vermögen der Betroffenen geprüft. Liegen diese Summen unterhalb der aktuellen Grenzen für den Mindestbehalt, werden die Kosten übernommen. Minderjährige Kinder und Mietkosten werden ebenfalls bei der Festsetzung berücksichtigt.
Wie ist die rechtliche Situation weltweit?
Die Thematik des Schwangerschaftsabbruchs wird in der Ländern der Welt sehr unterschiedlich gehandhabt. Deutschland gehört wie viele andere Länder in Europa zu den Staaten, die eine vergleichsweise legale Gesetzgebung diesbezüglich haben. Weitaus mehr Länder schränken die Legalität deutlich stärker ein.
So akzeptieren neben Argentinien, Algerien und Saudi-Arabien viele andere Staaten sozioökonomische Faktoren oder embryonale Schäden nicht als Grund für einen legalen Schwangerschaftsabbruch. Viele afrikanische Staaten halten nach wie vor an den Regelungen fest, die zur Zeit der Kolonialisierung eingeführt wurden. Psychische Belastungen oder die Entstehung der Schwangerschaft durch Vergewaltigung gelten hier im Sinne der Straffreiheit nicht als Ausnahme.
Es gibt auch Staaten, die den Abbruch einer Schwangerschaft generell als illegal einstufen und keinerlei Ausnahmen zulassen. So wird in Nicaragua oder der Dominikanischen Republik beispielsweise Frauen ein legaler Eingriff selbst dann verweigert, wenn durch die Schwangerschaft ihr Leben in Gefahr gerät.
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